Zwischen Greifswalder Oie und Palmer Ort

Tag 1: Freest – Greifswalder Oie – Rügen (31 km)

Start ist der Seglerhafen in Freest in Vorpommern, 10 km nördlich von Wolgast an der Mündung des Peenestroms. Freest ist mit seinem kleinen Fischereihafen und dem nahen Sandstrand ein beschaulicher Ausflugsort.

Oie

Die Wind- und Wetterprognose für die nächsten Tage ist hervorragend. Viel Sonne und wenig Wind aus der richtigen Richtung, jedenfalls die ersten beiden Tage. Um 9.15 Uhr sitzen wir in den Booten. Wir nehmen mit 20 Grad Kurs auf die Tonnenbankrinne, kreuzen das Fahrwasser alsbald und paddeln entlang des Naturschutzgebietes Peenemünder Haken zum Leitfeuer nordöstlich der Tonnenbankrinne zwischen Usedom und Ruden (Position N 54°11'08''/ E 13°46'31''), welches die Schiffe von der offenen See durch das flache Fahrwasser in den Greifwalder Bodden führt. Weiter geht es in Richtung Osttief entlang der Rede und des Munitionssperrgebietes östlich vom Runden. Wir beschließen, den Ruden im wahrsten Sinne des Wortes „links liegen zu lassen“. Diesen habe ich bereits letztes Jahr zweimal besucht, einmal anlässlich des Seekajaktreffens des Kanuvereins Wolgast und dann mit meinen Paddelkollegen beim 2. TKV-Ostseecamp. So nehmen wir bei ruhigem Wasser Kurs auf das „Helgoland der Ostsee“ (N 54°14'50''/ E 13°55'10''). Bald stellen wir fest, dass die Strömung mit uns läuft und wir ohne große Anstrengung gute Fahrt machen. Wir sind völlig ungestört. Nur in weiter Ferne sehen wir einige wenige Sportboote. Wir passieren das Fahrwasser des Osttiefs. Bald wird das Wasser heller, wir nähern uns also dem Oie Riff. Den 49 m hohen Leuchtturm der Oie, der auch am Tage befeuert ist, haben wir von Anfang an gesehen, nun sind auch die Hafenanlagen und der dort stationierte Seenotkreuzer deutlich zu erkennen. Der Hafen ist nur ein Nothafen und die Oie darf grundsätzlich nicht betreten werden. Als wir nach 17 km und 2 ¾ Stunden ankommen, riskieren wir unter dem Gekreisch zahlreicher Möwen einen schnellen Blick in den Hafen und drehen sofort wieder ab, als ein fauchender und kampfbereiter Schwan heran eilt, um seine Brut zu verteidigen, die hinter ihm her purzelt. Unmittelbar vor der Hafeneinfahrt befindet sich jedoch eine kleine Sandzunge, wahrscheinlich Teil des Oie Riffs, an der Liane und ich pausieren, während Karl um die Oie paddelt und uns nach gut ½ Std. wieder abholt.



Die Greifswalder Oie

... ist etwa 1,5 km lang und misst an der breitesten Stelle 570 m. Die Oie ist Usedom etwa 12 km vorgelagert und gehört zur Gemeinde Kröslin auf dem Festland. Auf der Insel mit der markanten Steilküste befindet sich ein 49 m hoher Leuchtturm mit einem der stärksten Leuchtfeuer in der Ostsee. Die ganze Insel ist seit 1993 Naturschutzgebiet, welches vom Verein Jordsand betreut wird. Auf der Greifswalder Oie kommen zahlreiche und zum Teil seltene Pflanzen und Tiere vor. Zu diesen gehören: Wiesenkerbel, Bärlauch, Salzmiere, Strand-Milchkraut, Echter Meerkohl, Strandroggen, Tataren-Lattich, Salz-Aster, Echte Engelwurz, Kartoffelrose und Ölweiden. Auf der Insel wurden Heidschnucken angesiedelt, um die Verbuschung zu verhindern. Weiterhin leben hier Siebenschläfer sowie Steinmarder. Die Greifswalder Oie ist von Kormoranen, Möwen und anderen Seevögeln besiedelt. Die Oie ist ein wichtiges Rastgebiet für Zugvögel. Die Insel wird darüber hinaus von zwei Imkerverbänden genutzt, die Bienenköniginnen züchten.
Die Stadt Greifswald erwarb die Insel 1291 von der Stadt Wolgast, die das Geschenk des Pommernfürsten Bogislaw IV aus Geldmangel verkaufen musste. Die Greifswalder schickten ihre Zuchtpferde zur Sommerweide auf die Insel. Um 1850 wurde die Oie von drei Pächterfamilien besiedelt. Sie betrieben neben Fischfang auch Landwirtschaft. Seit Juni 1877 wird die Oie touristisch genutzt. Das Dampfschiff „Otto“ aus Wolgast brachte erstmals Tagesgäste auf die Insel. In den folgenden Jahren kamen immer mehr Badegäste. Nach dem Ersten Weltkrieg baute der einzige verbliebene landwirtschaftliche Pächter 1928 sein Anwesen „Inselhof“ zu einer Pension mit Restaurant aus. Zahlreiche Prominente, wie Asta Nielsen und Thomas Mann besuchten die Oie. 1932 war die Insel Kulisse für den Film „F.P.1 antwortet nicht“ mit Hans Albers in der Hauptrolle.
Mit dem Aufbau der Heeresversuchsanstalt Peenemünde begann die militärische Nutzung der Insel, die zum militärischen Sperrgebiet erklärt wurde. Diesen Status sollte sie über 60 Jahre behalten. Die letzten Pächter musste 1938 die Oie verlassen. Von 1937 bis 1945 wurden auf der Oie zahlreiche Raketenstarts durchgeführt. Zu DDR-Zeiten waren auf der Greifswalder Oie Grenzsicherungs-Einheiten stationiert. Nach der Wiedervereinigung verließ die Volksmarine die Insel und das Sperrgebiet wurde aufgehoben.
Der Leuchtturm hat seinen Standort am Übergang zum freien Seeraum der Ostsee. Die Grundsteinlegung erfolgte 1853 durch König Friedrich Wilhelm IV von Preußen. Der heute unter Denkmalschutz stehende achteckige Turm wurde 1855 in Betrieb genommen.
Die einzige legale Möglichkeit, die Oie zu besuchen, ist eine Überfahrt mit dem Schiff der Apollo Reederei. Die Schiffe starten von Peenemünde und Freest. Allerdings ist die Oie als Naturschutzgebiet der Öffentlichkeit nur begrenzt zugänglich. Maximal 50 Personen pro Tag dürfen die Insel betreten. Privater Bootsverkehr ist nicht gestattet. Baden ist gleichermaßen verboten, gastronomische Einrichtungen existieren nicht. Die Insel kann vom Hafen zum Leuchtturm an der Nordspitze über einen beschilderten Weg erwandert werden. Im Nothafen der Insel ist ein Seenotrettungskreuzer der DGzRS stationiert. Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Greifswalder_Oie

 

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Um 12.30 Uhr geht es dann mit direktem Kurs (285 Grad) nach Rügen zur Halbinsel Mönchgut, welche den Greifswalder Bodden von der Ostsee trennt.
Mönchgut gehört zum Biosphärenreservat Südost-Rügen. Es ist ein repräsentativer Landschaftsausschnitt des nordostdeutschen Tieflandes mit allen Landschafts- und Küstenformen Mecklenburg-Vorpommerns auf kleinstem Raum. Das Biosphärenreservat ist gekennzeichnet durch seinen Artenreichtum. Es hat große Bedeutung als Rast- und Brutrevier für Zugvögel, hauptsächlich für verschiedene Gänsearten, wie die Grau-, Saat- und Blässgans. Hier sind auch verschiedene Bienenarten beheimatet: Pelz-, Furchen- und Kegelbiene, Gold- und Faltenwespe. Die Seegras-, Rot- und Grünalgenbestände in den küstennahen Bereichen des Greifswalder Boddens sind Laichgebiet der Ostseeheringe.
Unser heutiges Ziel ist Thiessow, das wir bei leichter Gegenströmung nach 14 km und 3 Stunden gegen 15.30 Uhr erreichen. Die dortigen Sandstrände laden zum verweilen und baden ein. Wir freuen uns, dass diese am Pfingstwochenende nicht von Menschenmassen heimgesucht werden und sich auch die Motor- und Segelboote sehr in Grenzen halten. Selbst Paddler haben wir nicht gesehen. Dies sollte auch das ganze Wochenende so bleiben.

Tag 2: Thiessow – Palmer Ort (22 km)

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Auch heute sitzen wir wieder um 9.00 Uhr in den Booten. Schon früh am Morgen ist es heiß und drückend. Eigentlich wollten wir die Küste bis Palmer Ort ausfahren, entschließen uns dann aber für eine direkte Querung (255 Grad), um der Windstille und den kleinen Fliegen zu entkommen. Auf halber Strecke irgendwo zwischen der Ansteuerungstonne Thiessow und dem Orientgrund werden wir von einem Angler „nach dem Weg“ gefragt, zu irgendeinem der vielen namentlich benannten Gründe. Der gewünschte Grund ist jedoch auf der Seekarte nicht zu finden. Dem Angler kann jedoch mit dem Hinweis auf die vier weithin sichtbaren Türme des ehemaligen Kernkraftwerkes Lubmin geholfen werden.

Ohne weitere Ereignisse erreichen wir 13.30 Uhr unser Ziel: Palmer Ort ist der südlichste Punkt von Rügen, er liegt auf der Halbinsel Zudar und markiert den Übergang vom Greifswalder Bodden zum Strelasund. Landseitig ist Palmer Ort ein kleiner Küstenschutzwald vorgelagert. Am Palmer Ort selbst ist ein schmaler natürlicher Sandstrand, der wegen seiner Abgelegenheit nur wenig frequentiert ist. Und wie sich herausstellt, sind wir genau zur richtigen Zeit angekommen. Schon morgens konnten wir beobachten, wie sich am Himmel langsam „etwas“ zusammenbraut. Die Zelte sind gerade aufgebaut, als kräftige Böen einsetzen und eine Regenfront mit tiefschwarzen Wolken naht. Der Strelasund verwandelt sich innerhalb kürzester Zeit in brodelndes Wasser. Der Spuk ist jedoch genauso schnell vorbei wie er gekommen ist.



Tag 3: Palmer Ort – Freest (27 km)

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Der heutige Tag wird im Zeichen des Gegenwindes stehen. Dieser ist zwar mit 3 bft nur mäßig, wird aber fiese kleine, steile „Hackwellen“ hervorbringen, welche die Boote merklich bremsen und so einen höheren Kraftaufwand erfordern. Daher sitzen wir heute schon um 8.00 Uhr in den Booten und nehmen mit 100 Grad Kurs auf die „dicke Berta“, ein ehemaliges Leuchtfeuer nördlich des Freesendorfer Hakens. Von dort wollen wir entlang der Knaakrücken Rinne zurück nach Freest paddeln. Heute sind wir wieder alleine auf dem Wasser. Es soll noch eine Weile dauern, bis wir die ersten Segler und ein Frachtschiff sehen. Bald stellen sich die „Hackwellen“ ein und an der Ansteuerungstonne Ariadne, die mitten im Greifswalder Bodden liegt, entschließen wir uns nach über 1 Stunde Doppelschlepp, den Kurs zu ändern und leicht über den Freesendorfer Haken zu schneiden, ohne dem Ufer oder Vogelansammlungen nahe zu kommen. Das Flachwassergebiet Freesendorfer Haken und Knaakrücken mit der Insel Struck ist ein bedeutendes Nahrungs- und Rastgebiet für Wasservögel. Es fällt unter die freiwilligen Befahrensregeln, wonach das Gebiet ganzjährig nicht befahren werden soll. Kanuten dürfen es nur ausnahmsweise nutzen, um bei Starkwind den Wellen im tiefen Wasser auszuweichen. Dabei sollte jedoch größtmöglicher Abstand zum Ufer und Vogelansammlungen gehalten werden (http://www.wassersport-im-bodden.de).
Nach knapp 6 Stunden Gegenwind ohne Landgang erreichen wir wieder den Freester Segelhafen.