Reise auf der Dordogne

 

Die Anfahrt wollte kein Ende nehmen aber die Dordogne entschädigte uns dafür voll. Schon der erste Campingplatz lag wunderschön auf einer Flussinsel bei Beaulieu, einem sehr hübschen Ort, den wir als Startplatz für die Tour mit dem Gepäck ausgewählt hatten. Ingrid und Renate kamen als nächste, ganz schön geschafft, aber sichtbar erfreut, Paddelkameraden anzutreffen. Am nächsten Abend besuchten wir gemeinsam ein Dorffest in der Nähe mit Musik, Grillwürstchen und einer Tombola, bei der Ingrid ("Madame Sann") einen hübschen Weinkrug in Form einer Erdbeere(!!) gewann.

Dordogne KajakNach und nach kamen alle Fahrtenteilnehmer an. Nach einer angemessenen Erholungspause, wir hatten uns für die ca. 125 Km lange Strecke von Argentat bis Beynac immerhin 10 Tage gegönnt, also genug Zeit fürs Bummeln, Baden und Besichtigen, ging es auf die 1. Etappe oberhalb von Beaulieu. Die wollten wir, da sie als die wildeste Strecke der Route beschrieben wird, ohne Gepäck fahren. Zunächst aber übten wir einige wichtige Manöver, wie z.B. die Seilfähre. Im Flussführer wird eine enge Durchfahrt mit starker Strömung namens "mal passage" beschrieben. Tatsächlich rauscht es an dieser Stelle Respekt einflößend. Susanna guckte ziemlich mißtrauisch drein. Da Christiane und ich etwas Grundkenntnisse vom Wildwasserpaddeln hatten, wurden wir vorgeschickt. Immerhin hatten wir in dem Canadier den besten Überblick. Aber wir alle passierten diese Stromschnelle ohne Probleme und schauten getrost auf den Rest der Tour. Es sollte aber ganz anders kommen, davon später.

Dordogne KajakIngrid übernahm die Fahrzeugbegleitung. So konnte sie sich in aller Ruhe (wie zu Hause auf der Lästerbank) unsere Starts und Landungen und dazwischen die Gegend ansehen. Der Start von Beaulieu aus war wegen des äußerst niedrigen Wasserstands etwas knifflig. Renate unterschätzte wohl den Tiefgang ihres beladenen Bootes, nahm die kürzeste Route und saß auf Grund. Das und der leichte Nieselregen verhagelte ihr die Laune und sie schloss sich für einige Tage Ingrid an. Wegen des niedrigen Wasserstandes bildete der Fluss immer wieder kleine Strömungsrinnen. Oft strömte ein Flussarm links- und einer rechtsaußen, während es in der Mitte ziemlich flach wurde. Nun musste man entscheiden, auf welcher Route man wohl gut duchkam. Selten konnte man sie bis zum Ende einsehen. Aber wir lernten, "den Fluss zu lesen" (O-Ton Wolfgang). So 10 bis 15 mal am Tag mussten wir Stromschnellen passieren, die uns aber zunehmend Spaß machten. Auch Susanna fuhr inzwischen ganz entspannt als erste in die Stromschnellen ein.

Täglich legten wir die nächste Etappe fest, und wenn wir unser Ziel dann erreichten, das mitunter vom Fluss aus gar nicht einfach zu erkennen war, stand Ingrid schon da und winkte uns ein. Am Abend saßen wir dann gemeinsam bei Essen und Wein, und hatten uns viel zu erzählen. Zum Beispiel von Wolfgangs Abenteuer. Er war in einen linken Strömungsarm eingebogen, über den dummerweise hinter einer Kurve ein Baum seine Äste reckte. Wolfgang konnte sich bei der flotten Fahrt nicht schnell genug entscheiden und ging im zum Glück sehr klaren Fluss baden. Wir Anderen hatten eine andere Route gewählt und mussten die Sache aus der Ferne beobachten. Aber er meisterte die Situation auch ohne Hilfe -hat offenbar genug Kenterübungen besucht- und stieß nach einiger Zeit zu uns. Wir hatten ihm inzwischen auf einer Kiesbank eine Tasse seines geliebten Kaffees gekocht. Da diese spontane Rast in Sichtweite des nächsten Etappenplatzes eingelegt wurde, wunderten sich dort Ingrid und Renate nicht wenig, warum wir denn dort noch pausierten.

Dordogne KajakUrsels und Rainers Faltboot bekam die Härte des Flussgrundes zu spüren, als es auf einen Stein in der Strömung donnerte, was einen Rippenbruch und eine Schürfwunde verursachte. Zum Glück hatte der Betreiber des nächsten Campingplatzes eine gut eingerichtete Werkstatt, so dass die gebrochene Rippe fachkundig repariert werden konnte. Flickzeug für die Bootshaut hat der Faltbootfahrer selbstverständlich dabei. Einen Tag aussetzen mussten die Beiden allerdings. Der Landschaftscharakter ändert sich im Laufe dieser Tour gewaltig. Teppiche aus weißen kleinen Blüten bedecken große Wasserflächen. An den Ufern ragen senkrechte schroffe Felswände, teilweise mit begehbaren Höhlen. Der Fluss mäandert in Schleifen, die manchmal fast einen geschlossenen Kreis bilden. Oben auf den Bergen trutzen Burgen; ein Zeichen kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen England und Frankreich. Ortschaften scheinen z.T. wie an Felswände geklebt. Das alles vom Fluss aus, also dem tiefsten Punkt in der Landschaft, zu sehen, ist grandios. Auch Renate hatte sich inzwischen zu uns gesellt, dieses Highlight konnte sie sich einfach nicht entgehen lassen. Bereichert um viele schöne Erlebnisse erreichten wir Beynac, von wo der Vermieter des Canadiers die Autofahrer abholte. Auf einer Restaurant-Terrasse mit Blick auf den Fluss nahmen wir unser Abschiedsessen ein, um uns tags darauf mit leichter Wehmut auf die lange Rückreise zu begeben. Nach meinem Eindruck fügte sich die Fahrtengruppe sehr harmonisch zusammen. Wir hatten viel Spaß, Niemand wollte sich partout durchsetzen oder schmollte. So verreise ich gern!