Wildwasser auf der Soća

Soca Wildwasser KajakIm August 2010 starteten wir zu unserem lang ersehnten Wildwasserurlaub in Slowenien. Mit dem Auto fuhren wir die knapp 1000 km von Berlin in das Soća-Tal, gleich hinter der österreichischen Grenze. Nach einem kurzen Zwischenstopp in München kamen wir am Sonntagabend in dem kleinen Ort Čezsoča im Prijon-Kajakcamp an. Nachdem das Zelt auf dem direkt neben der Schule liegenden Campingplatz aufgebaut war, erkundeten wir noch etwas die Gegend. Das Camp liegt in einem Tal zwischen mehreren Bergen und direkt gegenüber einer Ein-/Ausstiegsstelle an der Soća. Im Ort gibt es ein Hotel mit angeschlossener Pizzeria, in dem sich die Kursteilnehmer immer sonntags treffen können, um die anderen Teilnehmer und die Kajaklehrer kennen zu lernen. Leider wussten wir dies in der ersten Woche noch nicht, so dass wir erst am Montagmorgen pünktlich um 10 Uhr unseren Kajaklehrer Andi und die vier weiteren Kursteilnehmer kennen lernten.

Nachdem wir mit Neoprenanzug und -schuhen, Paddeljacke, Helm, Schwimmweste, Spritzdecke und Paddel ausgerüstet waren, ging es erst einmal an das Aussuchen der passenden Boote. Die Kajakschule verfügt über einen großen Fundus Boote, der sämtliche Wildwasserkajak-Modelle von Prijon umfasst: Chopper, Cross, Pure, Herkules und Soća. Für den Start bekamen wir die gutmütigen Chopper, die durch ihr großes Volumen einige Fehler verzeihen und nicht sofort kentern.

Soca Wildwasser Kajak AusrüstungBevor wir auf das Wasser konnten, erhielten wir in einem der Schulungsräume eine kurze theoretische Einführung, wie man richtig in ein Kehrwasser ein- und wieder ausfährt. Sodann verluden wir unsere Boote auf Hänger und fuhren ans Wasser. Normalerweise wird der erste Tag bei den Anfängerkursen auf einem ruhigen See in Italien verbracht, um sich mit der Paddeltechnik und den Booten vertraut zu machen. In unserem Fall ging es aus logistischen Gründen zu einem etwas ruhigeren Flussabschnitt der Soća, da für drei Anfänger-Gruppen mit insgesamt 21 Personen/Booten An- und Abtransport zusammen organisiert werden musste. Vor Ort lernten wir gleich, dass ein Gebirgsfluss selbst im Sommer bei 28° C Außentemperatur nur auf 9 -10° C Wassertemperatur kommt. Nachdem wir unsere Boote von der Straße über einen sehr steilen Trampelpfad zur Einstiegsstelle transportiert hatten, kam uns die Abkühlung jedoch ganz gelegen. Zunächst erlernten wir den wichtigsten Steuerschlag im Wildwasser, den Bogenschlag, sowie den Konterschlag und übten damit bereits das Befahren von kleinen Kehrwässern. Zum Kennenlernen der Boote spielten wir eine Runde Kajak-Fangen, bei dem das Antippen des Gegners mit dem Paddel auf dem Heck des Bootes erfolgte. Zum Abschluss fuhren wir noch unseren ersten kleineren Schwall bis zu unserem Ausstiegspunkt, wo uns bereits unsere trockenen Sachen erwarteten.

Am zweiten Tag starteten wir an der Boca-Brücke und fuhren bis Srpenica I. Wegen des geringen Wasserstandes gab es auf der Strecke Wildwasser bis Stufe I „plus“. Bevor es los ging stärkten wir uns alle mit einem Getränk in dem Hotel, welches direkt an der Brücke erbaut wurde. Da es an diesem Einstiegspunkt sehr voll war, ging unsere Gruppe erst einmal eine Runde schwimmen. Oder besser gesagt mit den Füßen voran ließen wir uns einfach treiben, da dies die einzige sichere Fortbewegungsart im Wildwasser ist, wenn man nicht schmerzhaft mit dem Kopf gegen einen Stein stoßen will. An diesem Tag und für den Rest der Woche hatte unser Kajaklehrer weitere Unterstützung von einem „Assistenten“, der selber einmal Kajaklehrer werden möchte. Dessen Aufgabe war es in erster Linie, die Boote derjenigen zum Ufer zu bringen, die unfreiwillig im Wasser landeten. Und dies geschah ziemlich häufig in der nächsten Zeit. Was in der Theorie so einfach aussah, war in der Praxis weitaus schwieriger umzusetzen. Nach den zwei Wochen waren wir Profis im Boote ausleeren.

Soca Wildwasser KajakAm dritten Tag fuhren wir dieselbe Strecke noch einmal, diesmal jedoch ein Stück weiter bis Srpenica II. Dort mussten wir Schüler aussteigen und unsere Boote einen ca. 400 Meter langen steil ansteigenden Weg hinauf transportieren. Die Kajaklehrer fuhren in dieser Zeit mit den Assistenten noch die Friedhofstrecke mit Wildwasser Stufe III-IV. Hier gibt es entgegen dem Namen jedoch nicht häufig Tote, sondern der Flussabschnitt ist nach dem Friedhof benannt, der neben der Strecke liegt. Am Mittwochabend wird traditionell im Camp gemeinsam Lamm oder frische Forelle gegessen. Jeder steuert einen Salat bei und die Gruppen essen alle zusammen in der überdachten Freiküche.

Die letzten beiden Tage unseres Anfängerkurses fuhren wir von der Seilbahn (auf slowenisch Zmuklica) bis zu der Ausstiegsstelle gegenüber dem Kajakcamp in Čezsoča. Dies hat den Vorteil, dass man die Boote nur über die Straße tragen muss und sich dann gleich unter die warme Dusche stellen kann. Aufgrund des niedrigen Wasserstandes hatten wir an diesen Tagen auf der Strecke Wildwasser der Stufe II. Dies sollte sich nach einem verregneten Wochenende in der nächsten Woche ändern.

Bereits der Freitag begann nach vier Tagen Sonnenschein mit leichtem Nieselregen und Nebel. Da unser Kajaklehrer für ein Kanupoloturnier am Wochenende zurück nach Deutschland musste, starteten wir etwas früher als sonst. Dank der frühen Stunde und des schlechteren Wetters hatten wir den Fluss ganz für uns allein. Pünktlich nach unserer Rückkehr begann es Bindfäden zu regnen. Wir belohnten uns erst einmal mit einer riesigen Pizza im nächstgelegen Ort Bovec. Ca. 3 Kilometer vom Camp entfernt konnte dort alles Lebensnotwendige eingekauft werden. Die Preise waren aufgrund der vielen Touristen ähnlich wie in Deutschland.

Soca Wildwasser Kajak PrijonDas freie Wochenende nutzten wir für Ausflüge in die Hauptstadt Ljubljana, Bled und den Wasserfall in Boca und ruhten uns ansonsten für die zweite Woche aus. In dieser hatten wir uns für einen Fortgeschrittenen-Kurs angemeldet und bekamen mit der Slowenin Ana eine neue Lehrerin. Die ersten beiden Tage starteten wir an der Einstiegsstelle am Camp und fuhren bis Srpenica I. Dank des vielen Regens war der Flusspegel um einen guten Meter gestiegen und damit auch die Schwierigkeit der Strecke auf Stufe II bis II „plus“. Wo wir in der vorigen Woche noch in leichten Kehrwässern geübt hatten, war die Strömung jetzt um einiges stärker und anspruchsvoller geworden. Wir hatten in der zweiten Woche zum Teil so stark auflaufende Kehrwasser, dass die Schwimmer in dem Versuch möglichst schnell aus der Strömung an Land zu kommen, vom Kehrwasser erfasst wurden und dadurch mehrmals im Kreis schwammen.

Die letzten drei Tage fuhren wir noch einmal die Seilbahnstrecke, die ebenfalls durch den höheren Wasserstand nun die Schwierigkeitsstufe II-III aufwies. Leider gab es in unserer Gruppe ein paar Ausfälle, so dass wir am Donnerstag nur noch zu Dritt waren. Den ernstesten Zwischenfall gab es jedoch bei einem fortgeschrittenen Paddler, der sich die Schulter ausgekugelt hatte und einarmig bis zum Ausstiegspunkt weiterfahren musste. Aufgrund eines Koordinationsfehlers wurde unsere kleine Gruppe am Freitag jedoch mit den F-2 Kursteilnehmern aufgefüllt, da der Kursleiter einen weiteren Kurs für das Wochenende angenommen hatte. Zum Teil herrschten etwas chaotische Zustände im Kajakcamp, die unter anderem auf die große Anzahl der durchzuführenden Kurse und das stete Bemühen, auf Wünsche einzelner Teilnehmer einzugehen, zurückzuführen waren.

Sehr positiv hervorzuheben ist, dass die Kajaklehrer jeden einzelnen Teilnehmer an mehreren Tagen gefilmt haben. Am nächsten Morgen vor der Abfahrt wurden diese Videos zusammen angeschaut und die Fehler analysiert. Das Video konnte man am Ende der Woche als DVD erwerben. Wir haben damit ein witziges Andenken an unsere ersten Versuche des Wildwasserkajakfahrens.